Ein Leben für die Extreme
Sein Leben war anfangs von Bodenständigkeit geprägt. Wer hätte gedacht, dass Edmund Percival Hillary, der 1919 im neuseeländischen Auckland geboren wurde und wie sein Vater den Beruf des Imkers erlernte, einmal den höchsten Berg der Welt, den Mount Everest, erklimmen sollte? Als Kind lernte er das Bergsteigen in den neuseeländischen Alpen. Nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem er Navigator der Royal New Zealand Air Force war, wandte er sich wieder den Bergen zu. 1948 bestieg er den Mount Cook, mit 3754 Metern der höchste Berg Neuseelands, erstmals über den Südgrat. Doch suchte er größere (und vor allem höhere) Herausforderungen. 1951 schloss er sich neuseeländischen Bergsteigern im indischen Himalaya an.
Zwei Jahre später gehörte er zum Team einer britischen Expedition, die ihn weltberühmt machen sollte: Gemeinsam mit dem Sherpa Tenzing Norgay schaffte Hillary am 29. Mai 1953 den Aufstieg zum höchsten Punkt des Mount Everest. Gegen 11.30 Uhr standen sie auf dem Gipfel des Sagarmatha, so heißt der Berg auf Nepali. Dass später ein Streit zwischen den Nationen darüber entbrennen sollte, wer als erster ganz oben stand, sollte ihre Freundschaft nicht beeinträchtigen. Sie betonten, dass sie den Aufstieg gemeinsam bewältigt haben.
Nichtsdestotrotz erntete Hillary als offizieller Erstbesteiger den größten Ruhm. Königin Elisabeth schlug ihn zum Ritter (Norgay erhielt die George Medal) und in Neuseeland avancierte er zum Nationalhelden. Auch in den Folgejahren suchte Hillary weitere extreme Herausforderungen. Er bestieg andere Gipfel des Himalaya und war Teil der „Commonwealth Trans-Antarctic Expedition“, die 1958 nach Roald Amundsen und Robert Scott als dritte Expedition den Südpol erreichte.
Hillary galt Zeit seines Lebens nicht nur als passionierter Bergsteiger, sondern auch als Natur- und Menschenfreund. Er gründete den „Himalayan Trust“, der das Volk der Sherpa mit Krankenhäusern und Schulen in der Region in der Nähe des Everest unterstützte. Ebenso war er Ehrenpräsident der Naturschutzorganisation „Mountain Wilderness“. Heute vor fünf Jahren starb Hillary im Alter von 88 Jahren an einem Herzanfall.
Sir Edmund Hillary blieb es vorbehalten, als erster Mensch auf dem Gipfel des höchsten Berges der Welt zu stehen. Was aber niemanden daran hinderte, ebenfalls etwas noch nie Erreichtes auf dem Everest in die Tat umzusetzen. Nach der Erstbesteigung folgten die erste Besteigung ohne Sauerstoffflaschen (Reinhold Messner, Peter Habeler 1978), die erste Solobesteigung (Franz Oppurg, 1978), die erste Alleinbesteigung im reinen Alpinstil (Reinhold Messner, 1980), die schnellste Besteigung (Pemba Dorjee, 2004, acht Stunden und zehn Minuten vom Basislager zum Gipfel), der jüngste Gipfelbezwinger (Jordan Romero, 2010, im Alter von 13 Jahren) und der älteste (Min Bahadur Sherchan, 2008, im Alter von 76 Jahren). Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Hillary hatte sich kritisch zur zunehmenden Kommerzialisierung des Bergsteigens am Mount Everest geäußert, in dessen Folge auch viele unerfahrene Sportler den Nervenkitzel des Extremen suchten und dafür mit ihrem Leben bezahlten. Über 200 Menschen starben bislang bei dem Versuch, den Berg zu bezwingen. Die Einsamkeit sucht man dort heute vergebens. Bis Ende 2006 wurden 14000 Besteigungsversuche gezählt, 3057 davon gelangen. Bis 2010 waren es 5104 Besteigungen, 173 ohne Sauerstoffgeräte.
Mit dem Anstieg der Besucherzahlen wird zunehmend die Umweltverschmutzung der einzigartigen Berglandschaft zu einem Problem. Der Südsattel des Everest kam so zu seinem Zweitnahmen „höchste Müllkippe der Erde“. Heute werden keine Erkundungsexpeditionen mehr auf den Berg geschickt, sondern Säuberungsexpeditionen.
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