„Verlangen nach Selbsterhaltung“
„Mach 1“, „Mach 2“ – mit diesen physikalischen Werten können auch die meisten Laien etwas anfangen. Als Überschallflugzeuge wie die „Concorde“ eingeführt wurden, begeisterten sich auch Menschen für die neue Technik, die ansonsten wenig mit den Errungenschaften der Ingenieure anzufangen wissen. Doch was hat es mit den Mach-Zahlen genau auf sich?
Die Mach-Zahlen geben keineswegs eine Geschwindigkeit wieder, mag das auch manchmal so klingen. Vielmehr beschreiben sie das Verhältnis der Geschwindigkeit eines Flugobjektes zur Schallgeschwindigkeit in der Luft. Dabei gilt das Gesetz, dass der Schall mit abnehmender Lufttemperatur langsamer wird. Beträgt diese mollige 25 Grad Celsius, breiten sich Geräusche mit 1245 Kilometern pro Stunde aus. Schon bei 20 Grad Celsius sind es nur noch 1235 Kilometer je Stunde. Am Nullpunkt erreicht der Schall 1193, bei minus 50 Grad Celsius 1076 Kilometer pro Stunde. Minus 50 Grad herrschen gewöhnlich in den Luftschichten, in denen sich Langstreckenflugzeuge vorwärts bewegen.
Je nach Temperatur muss ein Überschallflugzeug wie die „Concorde“ also eine Geschwindigkeit zwischen 1076 und 1245 Kilometer pro Stunde erzielen, um genauso schnell wie der Schall zu fliegen. Die Mach-Zahl weist dann den Wert eins aus. Ist die Mach-Zahl größer als eins, fliegt die Maschine mit Überschall. Die „Concorde“ erreichte im Planbetrieb gewöhnlich Mach 2, legte also deutlich mehr als 2000 Kilometer pro Stunde zurück. Das tat sie wegen des dann eintretenden Überschallknalls aber nur über den Ozeanen.
Die Mach-Zahl erinnert an den österreichischen Physiker Ernst Waldfried Josef Wenzel Mach, der am 18. Februar 1838, heute vor 175 Jahren, im mährischen Chirlitz (Chrlice) zur Welt gekommen ist. Bereits mit 23 Jahren habilitierte er und lehrte zunächst in Graz Mathematik, später auch Physik. 1867 erhielt er den Ruf an die Prager Karl-Ferdinands-Universität, an der er das physikalische Institut leitete und zeitweise sogar als Universitätsrektor wirkte. Ab 1895 besetzte er den neu geschaffenen Lehrstuhl „Philosophie, insbesondere Geschichte der induktiven Wissenschaften“ an der Universität Wien.
Erstmals Aufsehen erregte er unmittelbar nach dem Abschluss des Studiums, als er den Dopplereffekt experimentell nachwies. Dieser beschreibt die Veränderungen eines Signals, wenn sich der Signalgeber auf den Empfänger zu bewegt oder von ihm entfernt. Ein allgemein bekanntes Beispiel dafür bildet die Geräuschentwicklung des Martinshorns von Einsatzfahrzeugen. Ebenso macht sich der Dopplereffekt bei der Beobachtung von Objekten im Kosmos bemerkbar. Mit seinem Nachweis beendete Mach die Debatten um die Richtigkeit der Theorie.
Auch mit seinen Arbeiten, die ihm Nachruhm bescheren sollten, bestätigte er bestehende Theorien. Mach experimentierte unter anderem auf dem Schießplatz und fertigte Fotografien der Bewegungen verschossener Projektile. Die Geschwindigkeiten, die Schallwellen und andere Größen maß er akribisch und konnte verschiedene Thesen belegen. 1889/90 hatte er schließlich die wegweisende Idee, einmal den Versuch umzukehren. Statt den Einfluss eines bewegten Projektils auf die Luft zu prüfen, ließ er Luft auf ein unbewegtes Projektil blasen, gewissermaßen ein früher Versuch im Windkanal.
Mach arbeitete aber nicht nur als Naturwissenschaftler. Er legte auch philosophische und psychologische Schriften vor, postulierte beispielsweise, dass menschliches Handeln „vom Verlangen nach Selbsterhaltung bestimmt“ sei. Auf Unverständnis vieler Zeitgenossen stieß er mit seinen politischen Ansichten. Im Sprachenstreit vertrat der Deutschböhme eine liberale Haltung und tauschte sich regelmäßig mit tschechischen Kollegen aus. In den neunziger Jahren wandte er sich gar der Sozialdemokratie zu. „Die Wiener haben wie die Trottel gewählt“, erklärte er nach den 1897 abgehaltenen Wahlen zum Abgeordnetenhaus. „Überall haben die Pfaffen gegen die Sozialdemokraten gewonnen.“
Mit knapp 70 Jahren engagierte er sich für die experimentelle Erforschung der noch jungen Quanten- und Relativitätstheorie. Wien gehörte seinerzeit zu den Zentren der neuen Forschungsrichtungen, nicht zuletzt dank Machs Einsatz. Persönlich stand Ernst Mach ihnen zwar eher skeptisch gegenüber, unterstützte die Untersuchungen aber, ohne selbst aktiv zu werden. Einen Tag nach seinem 78. Geburtstag verstarb er am 19. Februar 1916.
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