„Starkes Todesgrauen“
„Herr, Gott, nimm mich, verschon‘ die anderen!“, rief Hauke Haien, besser bekannt als der Schimmelreiter, und Theodor Storm wusste um sein Ende bereits, als er vier Monate vor seinem Ableben seine berühmteste Novelle im Februar 1888 beendete. Unheimliches aus dem Norden hatte Storm schon in seiner Jugend begeistert und immer wieder Niederschlag in seinem Werk gefunden. So trug er auch die Geschichte „Der gespenstige Reiter. Ein Reiseabenteuer“, die oft als Grundlage des Schimmelreiters zitiert wird, Jahrzehnte mit sich herum, bis er zwei Jahre vor seinem Tod, 1886, mit der Niederschrift begann. Gewissermaßen bildet die Rahmenerzählung auf drei Ebenen auch einen Rahmen um das Leben ihres Verfassers.
Aber auch andere Details lassen Parallelen zu Storms Leben zu, so nämlich das Gesuch um gelungene Verlobung: Während Elke, Hauke Haiens spätere Ehefrau, zunächst den Antrag ablehnt, scheiterte auch Storm zweimal beim Verlobungsversuch. Die erste Auserwählte, Emma Kühl nahm zunächst an, löste die Verbindung aber bereits nach einem Jahr wieder auf. Die Zweite, Bertha von Buchan, sagte gleich Nein. Aller guten Dinge sind drei und so blieb Storm letztendlich die Vernunftehe, 1846, mit seiner Cousine, Constanze Esmarch, aus der sieben Kinder hervorgingen. Es heißt Storm sei nicht der treuste aller Ehemänner gewesen (ja, sogar von „Ehe zu dritt“ ist die Rede). So verwundert es nicht, dass er bereits ein Jahr nach dem Wochenbetttod der Gemahlin, 1865, seine zweite Frau ehelichte, Dorothea Jensen, diesmal aber aus Leidenschaft.
Storm, geboren am 14. September 1817, glaubte nicht an Gott, wohl aber an Gespenster. Die nehmen seit Storms Schimmelreiter in norddeutschen Gefilden manchmal die Gestalt von gespenstigen Reitern auf weißen Pferden an: Zumindest in Hanerau-Hademarschen, Storms letztem Wohn- und Sterbeort, wo der Schimmelreiter als Trilogie über drei Jahre das Theater heimsucht. Das Theodor-Storm-Haus in Husum, dem Geburtsort des Schriftstellers, hingegen, plant anlässlich des 125. Todestages, dessen wir heute gedenken, die Metamorphose in ein Geisterhaus, wie auch immer wir uns das vorzustellen haben. Christian Demandt, Sprecher der dort ansässigen Theodor-Storm-Gesellschaft, bescheinigt Storm „ein starkes Todesgrauen“, das ihn nach der Magenkrebsdiagnose ein Jahr vor seinem Tod in tiefe Depressionen gestürzt haben soll.
Das Vollenden einiger seiner Werke sei allein einer Intrige seiner eigenen Familie zu verdanken: Diese konnte ihm in einer Zweituntersuchung durch Storms Bruder, der Arzt war, weismachen, er sei gar nicht erkrankt. In seinem letzten Werk, dem Schimmelreiter, ringt Storm mit dem bürgerlichen Realismus einerseits und andererseits dem in ihm tief verwurzelten Geisterglauben aus den Geschichten, die ihn seit seiner Kindheit faszinierten und ihn ab und an heimsuchten, wie der weiße Gaul samt Reiter die Dünen immer dann, wenn Gefahr drohte. Susanne Pauli
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