Das Verhältnis von Mensch und Raum

"Konzentrische Gruppe" auf Briefmarke von Oskar Schlemmer 1975„Mensch und Raum“: So war nicht nur der Unterricht, den Oskar Schlemmer zwischen 1929 und 1932 an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau gab, betitelt. Das Verhältnis von Mensch und Raum war vielmehr das dominierende Thema seiner künstlerischen Arbeit als Maler, Bildhauer und Bühnenbildner.
Oskar Schlemmer kam am 4. September 1888 in Stuttgart zur Welt. Dort machte er eine Ausbildung zum Kunstgewerblichen Zeichner. Und nach kurzeitigem Besuch der örtlichen Kunstgewerbeschule konnte er in Stuttgart schließlich auch Kunst studieren. Dies umfasste nicht nur das Studium der Malerei, sondern auch ein Interesse für Bühnen-Kunst. Schlemmer dachte schon früh auch choreographisch.

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Berühmt wurden nicht nur Gemälde wie „Die Bauhaustreppe“ von 1932, sondern auch sein 1922 uraufgeführtes „Triadisches Ballett“. Dort, wie in Schlemmers Bildern, Plastiken und Bühnenbildern, erschienen Menschen als Figuren, als Formen im Raum. Um das Verhältnis von Mensch und Raum künstlerisch zu erkunden, abstrahierte Schlemmer dabei bis zur Geometrie. Nicht mit Individuellem oder Momenthaftem, sondern mit Wesen und Form beschäftigten sich Arbeiten mit scheinbar „kühlen“ Titeln, wie zum Beispiel „Plan mit Figuren“ von 1919 oder „Vierzehnergruppe in imaginärer Architektur“ aus dem Jahr 1930. Schlemmer erklärte, er wolle „Menschen-Typen schaffen und keine Portraits, und ich will das Wesen des Raumes und kein Interieur“.

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Oskar Schlemmers berühmte "Bauhaustreppe" auf Briefmarke von 1975Ein Verzicht auf die Darstellung von Besonderem oder Identität stiftenden Attributen bedeutete dabei jedoch keine wehmütige Zivilisationskritik. Schlemmer klagte damit nicht über den Verlust von Menschlichkeit in einer zunehmend technisierten Welt. In der künstlerischen „Vermessung“ des Mensch-Raum-Verhältnisses erkannte er vielmehr eine „moderne“ ästhetische Möglichkeit von Ordnung und Harmonie. Dabei war Schlemmer ein Künstler der „Klassischen Moderne“, der sich nicht auf eine Disziplin beschränken konnte. Mit anderen ehemaligen Schülern der Stuttgarter Akademie rief er 1919 die auf eine umfassende Reform der künstlerischen Ausbildung gerichtete Künstlergruppe „Üecht“ (althochdeutsch für „Morgendämmerung“) ins Leben. Und ein grenzüberschreitender Ansatz zeigte sich auch in der Lehrtätigkeit, die Schlemmer selbst in den 20er-Jahren ausübte: 1920 heiratete er Helena Tutein und ging nach Weimar. Während der nächsten neun Jahre arbeitete er als Dozent am Bauhaus von Walter Gropius. Schlemmer unterrichtete dort Bildhauerei und Wandbildmalerei, war aber auch in den Bereichen Aktzeichnung sowie Bühnenbild und Inszenierung tätig. Schließlich führte man das künstlerisch-anthropologische Fach „Der Mensch“ ein, das der nach „Typen“ und „Wesen“ suchende Schlemmer eigens konzipiert hatte. Diesem Ansatz widmete sich auch der Unterricht, den Schlemmer im Anschluss an seine Bauhaus-Zeit noch an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau gab.

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Die 20er-Jahre sollten Oskar Schlemmers produktivstes Jahrzehnt bleiben. Denn wie so viele Künstler, litt auch er unter dem zunehmenden nationalsozialistischen Terror. Man konfiszierte seine Bilder und verbat ihm die öffentliche Präsentation seiner Arbeiten. In der Regime-Ausstellung „Entartete Kunst“ wurde auch das Schaffen Schlemmers diffamiert. 1933 zwang man ihn, seine erst kurz zuvor aufgenommene Professur an den Vereinigten Staatsschulen in Berlin aufzugeben. Um jenseits des Künstler-Berufs und der Lehrtätigkeit für den künstlerischen Nachwuchs Geld zu verdienen, musste er schließlich als Handwerks-Maler arbeiten.
Das Ende des Zweiten Weltkrieges erlebte Oskar Schlemmer nicht mehr. Sein gesundheitlicher Zustand hatte sich seit Jahren verschlechtert. Am 13. April 1943 ist er in Baden-Baden gestorben.


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Authored by: Marius Prill

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