„La Divina“ – die göttliche Sopranistin
„Die Göttliche“ – so wird Maria Callas oft genannt. Sie gilt als eine der größten Opernstimmen des 20. Jahrhunderts. Beim Sprechen über „die Callas“ geht es jedoch oft nicht nur um ihre künstlerische Arbeit. Schon zu Lebzeiten und weiterhin nach ihrem frühen Tod im Jahr 1977 durch plötzliches Herzversagen – auch über Selbstmord wurde spekuliert – wurde viel über die Persönlichkeit und das Privatleben der Callas geschrieben. Heute wäre sie 90 Jahre alt geworden. Maria Callas kam in Manhattan zur Welt, als Tochter griechischer Einwanderer und mit dem Geburtsnamen Maria Anna Sophie Cecilia Kalegeropoulus. Früh sang sie im Hintergrund, im Opernchor, bald aber in Hauptrollen. Und dies bereits längst nicht mehr in New York. Es war die Athener Oper, an der Maria Callas ihre Karriere begann. Ihre Gesangsausbildung hatte sie in den 1930er-Jahren an Athener Konservatorien absolviert.
Zu weltweiter Berühmtheit gelangte der schon in Griechenland identifizierte „neue Stern am Opernhimmel“ aber in Italien. Durch Zusammenarbeit mit dem in Verona arbeitenden Dirigenten Tullio Serafin, auch aber wegen einer besonderen Situation, in die Callas – zwei Jahre noch vor ihrem Debut am renommierten „Teatro alla Scala“ in Mailand im Jahr 1951 – in Venedig geriet. Mit einer nur wenige Tage umfassenden Vorbereitungszeit sang sie trotz eigener Aufführungen von Richard Wagners „Die Walküre“ anstelle einer unabkömmlichen Kollegin die Rolle der „Elvira“ in Vincenzo Bellinis Oper „Die Puritaner“.
Nicht nur angesichts der besonderen Umstände riefen in der Folge Umfang und Flexibilität ihrer Stimme Bewunderung hervor. Callas beeindruckte speziell auch mit ihrer Fähigkeit, „Belcanto“ zu singen. Eine folgende Rückkehr dieses virtuosen, verzierungsreichen Gesangsstils, der im mittleren 19. Jahrhundert im Besonderen mit Opern Gioachino Rossinis zu einem Höhepunkt gelangt war, vollzog sich u. a. durch ihre „Lucia“-Interpretationen – aus Gaetano Donizettis Oper „Lucia di Lammermoor“ – oder ihre Darstellungen der „Norma“ in Bellinis gleichnamiger Oper. In der Rolle der „Norma“ sang Callas auch bei ihren jeweils ersten Gastspielen am „Royal Opera House“ in London im Jahr 1952 und vier Jahre später an der „Metropolitan Opera“ in New York.
In Italien lernte Callas 1947 Giovanni Meneghini kennen. Zehn Jahre lang war sie mit ihm verheiratet. Ein anderer reicher Mann machte ihr da Avancen. Mit dem griechischen Reeder Aristoteles Onassis war Callas zusammen, bis dieser sich Jacqueline Kennedy – ab 1968 Jackie Onassis – zuwandte. Über Callas´ „Temperament“ schrieb man spätestens, nachdem sie 1958 in Rom bei einer Aufführung vorzeitig von der Bühne gegangen war. Aus dem letztlich abgebrochenen, zeitlebens schwierigen Kontakt mit ihrer herrischen Mutter machte sie selbst kein Geheimnis.
Seit den frühen 60er-Jahren stand Callas seltener auf der Bühne. Aufnahmen – Mitschnitte von Aufführungen wie Studioaufnahmen – waren im Zuge eines Plattenvertrages mit der EMI seit Beginn des vorangegangenen Jahrzehntes gemacht worden. Aber Opernauftritte gab es nach 1965 gar nicht mehr. Callas gab einige Unterrichtseinheiten an der Juilliard School of Music in New York und spielte 1969 in Pier Paolo Pasolinis Film „Medea“. Zu Ende ging ihre Karriere schließlich mit einer vier Jahre vor ihrem Tod begonnenen, bis November 1974 reichenden Tournee. Sie selbst befand, dass ihre Stimme unter den – aus ihrer arbeitsamen Hingabe resultierenden – An-und Herausforderungen ihrer frühen Gesangskarriere gelitten hatte. Manche fragten, ob zudem ihre „gesellschaftlichen Ablenkungen“ des letzten Jahrzehntes dazu beigetragen hätten. Jedoch waren es immer nicht bloße „Technik“ oder offensichtlich-oberflächliche „Schönheit“, sondern ihre Ausdrucksstärke, ihre musikalische – denn als Musikerin und „Teil des Orchesters“ sah sie sich – und dramatische Intensität bei der Darstellung von Charakteren gewesen, die Maria Callas von anderen Opernsängerinnen und -sängern unterschieden hatte.
Schweiz-Spezial 2021/2022
ISBN: 978-3-95402-373-8
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