Schicksalhaftes Rom
Mit dem Juristen Paul Johann Anselm Ritter von Feuerbach hatte der Künstler Anselm Feuerbach einen berühmten Großvater. Noch bekannter dürfte aber sein Onkel Ludwig sein, der Philosoph und prominente Religionskritiker. Nicht nur Anselms Vater Joseph war des weiteren Akademiker, sodass der am 12. September 1829 geborene Maler aus einer nicht nur sehr gebildeten, sondern mit Blick auf eine hohe Professorendichte auch arrivierten Familie kam. Er selbst, zwar nachhaltig angeregt durch die väterlichen Vorlieben für griechische und römische Geschichte und Kunst, ging einen durchaus anderen Weg. Das Gymnasium brach er ab, seit Mitte der 1840er-Jahre studierte Feuerbach Maltechniken bei unterschiedlichen Lehrern, nicht aber an nur einer Hochschule oder Ausbildungsstätte. Nach 10 Jahren, während derer er sich dabei in verschiedenen europäischen Städten, in Düsseldorf, München, Antwerpen und Paris, aufgehalten hatte, ließ er sich in Italien nieder. Gerade die französische Station dürfte bedeutend für Feuerbachs künstlerische Entwicklung gewesen sein, denn dort bekam er Unterricht bei Thomas Couture, der seinerseits von der Kunst der italienischen Renaissance und Antike beeinflusst war.
Im Land der großen Renaissancekünstler, der Schaffensstätten Michelangelos und Raffaels, genauer in Rom, sah sich Feuerbach, der die Stadt am Tiber als sein „Schicksal“ bezeichnete, am rechten Platz. Feuerbach, der Gemälde mit Titeln wie „Das Gastmahl des Plato“ oder „Orpheus und Eurydike“ schuf, war mit Überzeitlichkeit und idealtypisch Menschlichem befasst, und seine Neigung zu Denken und Kultur der Antike hatte eine dezidiert modernisierungskritische und dabei womöglich auch eskapistische Note. In Rom fand er auch sein berühmtes Modell. Die ortsstämmige Italienerin Anna „Nanna“ Risi arbeitete wohl auch mit anderen Künstlern zusammen. Allerdings nimmt sie im Werk des Malers aus Speyer eine besonders wichtige Rolle ein. Zwischen 1860 und 1865 war Feuerbach überaus eingenommen und inspiriert von der Gestalt Risis, in der er eine natürliche Erhabenheit und gleichzeitig melancholische Schönheit sah. Neben diversen Porträts entstanden Darstellungen antiker Figuren, zum Beispiel „Iphigenie“, in denen die bewunderte Nanna erkannt werden kann. Nicht nur Modell und Maler, sondern auch ein Paar waren Risi und Feuerbach zudem, bis sie mit einem anderen von dannen zog. Feuerbachs vielleicht bedeutendste Schaffensphase ging damit zu Ende.
Wenngleich er über Ateliers an verschiedenen Orten verfügte und immer wieder zwischen Italien und Deutschland hin- und herreiste, schwamm Feuerbach nicht im Geld. Vielleicht war auch dies ein Grund, warum er seinerseits eine Professorenstelle übernahm. An der Wiener Akademie der Künste unterrichte er ab 1873. Doch ereilte ihn, der früher schon an Syphilis erkrankt war, eine Lungenentzündung, und das Gemüt schwankte, wie es dies oft in seinem Leben getan hatte. Zurück in Italien erlitt Feuerbach eine Herzattacke und starb am 4. Januar 1880 51-jährig in Venedig.
Baltikum und Finnland (E 11)
ISBN: 978-3-95402-361-5
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