Über die Bestimmung der Kräfte
„Kein größeres Genie als Robert Mayer ist je in unserem Jahrhundert erschienen“ verkündete der Physiker John Tyndall im Jahr 1891. Da war Mayer allerdings schon 13 Jahre tot und der Weg zu seiner wissenschaftlichen Anerkennung überaus steinig gewesen. Schon als Schüler hatte der heute vor 200 Jahren, am 25. November 1814 geborene Sohn eines Apothekers heimlich chemisch-physikalische Experimente vorgeführt, was ihm den Spitznamen „Geist“ eintrug. Nach einer Lehre in der Apotheke seines Vaters begann er ein Medizinstudium in Tübingen, wo er für ein Jahr relegiert wurde, weil er die Farben einer verbotenen Burschenschaft getragen hatte. Nachdem er von König Wilhelm I. auf Antrag begnadigt worden war, promovierte Mayer im August 1838 und erwarb in den Niederlanden die Zulassung als Schiffsarzt. Im Jahr 1840 ging er sodann als Schiffsarzt an Bord eines holländischen Dreimasters mit Reiseziel Indonesien. Beobachtungen beim Aderlass über die Blutfarbe brachten ihn während der Reise auf den richtigen Weg zur Entdeckung der Äquivalenz von Wärme und Bewegung. Schnell wurde ihm klar, „daß Bewegung und Wärme nur verschiedene Erscheinungsformen einer und derselben Kraft“ sind.
Im Februar 1841 kehrte er zurück nach Heilbronn, wo er eine Praxis eröffnete und sich daran machte, seine Erkenntnisse zu formulieren. Bereits im Juli schickte er seine Abhandlung „Über die quantitative und qualitative Bestimmung der Kräfte“ mit der Bitte um Veröffentlichung an die Herausgeber der „Annalen der Physik und Chemie“, erhielt aber keinerlei Rückmeldung. Erst im Mai 1842 erschienen schließlich seine „Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur“ in den von Friedrich Wöhler und Justus von Liebig herausgegebenen Annalen der Chemie. Im Prinzip hatte er damit das Gesetz von der Erhaltung der Energie formuliert, das Problem dabei war lediglich, dass Mayer als Mediziner nicht mit der physikalischen Terminologie vertraut war und die Fachwelt daher von seiner bahnbrechenden Entdeckung keine Notiz nahm. Als in den Folgejahren Wissenschaftler wie John Prescott Joule oder Hermann Helmholtz viel beachtete Arbeiten zum Energiegesetz vorlegten, wurden Mayers vorherige Ausführungen dazu also mit keinem Wort erwähnt, schlimmer noch, er selbst wurde angefeindet und verhöhnt.
Auf eigene Kosten veröffentlichte er etliche Aufsätze, doch zunächst vergeblichs. Hinzu kamen private Schicksalsschläge: Nachdem zwei seiner Kinder kurz hintereinander gestorben waren, erlitt er eine Nervenkrise und sprang aus dem Fenster neun Meter in die Tiefe. Schwer verletzt musste er die nächste Zeit in Nervenheilanstalten verbringen. Erst als Hermann Helmholtz 1854 Mayers Verdienste anerkannte und ihn öffentlich den Ersten nannte, der das Gesetz von der Erhaltung der Energie richtig auffasste und aussprach, besserte sich Mayers Situation wieder. Zahlreiche Universitäten und Akademien zeichneten ihn mit Diplomen und Preisen aus und die württembergische Regierung verlieh ihm 1867 das Ritterkreuz des Verdienstordens der Krone, was die Erhebung in den persönlichen Adelsstand bedeutete. Am 20. März 1878 starb Julius Robert von Mayer hochgeehrt in Heilbronn an den Folgen einer Lungenentzündung. Bereits im Oktober 1878 bildete sich ein Komitee für die Errichtung eines Denkmals für de lange verkannten „größten Sohn“. Im Jahr 1892 wurde es auf dem Marktplatz der Stadt enthüllt.
Leserbriefe
ISBN: 978-3-95402-267-0
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