Virologie auf der Insel Riems
Der Name Friedrich Loeffler ist allgemein vor allem aufgrund der Forschungsstätte bekannt, die der Mediziner aus Frankfurt an der Oder im Herbst des Jahres 1910 auf der Insel Riems bei Greifswald gründete. Im Rahmen des „Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI)“ wird heute dort – und an weiteren auf die Bundesrepublik Deutschland verteilten Standorten – Forschung nicht nur zu Krankheiten und Seuchen, sondern auch zur Gesundheit und deren Schutz bei Tieren, speziell landwirtschaftlichen Nutztieren, betrieben. Nicht zuletzt geht es im Institut natürlich zudem um die Übertragung von Infektionskrankheiten zwischen Menschen und Tieren. Was den Namensgeber der international bedeutenden Einrichtung betrifft, war es speziell die Untersuchung des „Maul- und Klauenseuchen“-Erregers im Jahr 1898, die Loeffler – und mit ihm seinem Kollegen Paul Frosch – den herausgehobenen medizingeschichtlichen Status als Pionier der Virologie einbrachte. Loeffler war zu jenem Zeitpunkt seit zehn Jahren Medizinprofessor an der Greifswalder Hochschule. Er hatte dort einen gerade eingerichteten Lehrstuhl für Hygiene besetzt, der heute an der Ernst-Moritz-Arndt- Universität Greifswald in das „Friedrich-Löffler-Institut für Medizinische Mikrobiologie“ übergangen ist. Loeffler formulierte seine wegweisenden Beobachtungen über die viralen Stifter der Infektionskrankheit, und dabei lieferte er auch grundlegende Aussagen zu den Eigenarten von Viren überhaupt: Es war „die Wirkung vermehrungsfähiger Erreger“, die er und Frosch festgestellt zu haben glaubten. Über den so gearteten Gegenstand ihrer Untersuchungen schrieben die beiden:„Diese müßten dann freilich so klein sein, dass sie die Poren eines auch die kleinsten zurückhaltenden Filters zu passieren vermöchten.“
Zu Lebzeiten sah sich der Wissenschaftler Loeffler allerdings auch wiederholt Kritik und einiger, recht konkreter, Beunruhigung gegenüber. Denn seine Studien und Versuche mit Rindern und Schweinen schienen den Greifswalder Bürgern gelegentlich zu riskant. Nicht zu unrecht: Hatten sie doch tatsächlich mehrmals zur Folge, dass die von Loeffler vorrangig beforschte Seuche, die Maul- und Klauenseuche, in der Gegend um sich griff. Der getriebene Forscher verlegte seine Arbeit im Zuge dieser Probleme schließlich auf die nahegelegene Insel Riems. Seinem Stand in Stadt und Umgebung tat derartiges allerdings keinen Abbruch: Schon 1913 durfte sich Loeffler Ehrenbürger Greifswalds nennen.
Heute geht es im Institut freilich anders und im Ganzen erstaunlich risikoarm zu: Für die in Riems durchgeführte Hochsicherheitsforschung des FLI können gefährliche Krankheitserreger sogar bedenkenlos extra aus fernsten Regionen der Welt importiert und im Anschluss untersucht werden.
Im Jahr 1913 verließ Friedrich Loeffler Greifswald und Riems in Richtung Berlin. Dort folgte er seinem ehemaligen Vorgesetzten Robert Koch als Leiter des nach dem berühmten Mediziner und Nobelpreisträger benannten Instituts nach. Doch nur für kurze Zeit: Heute vor 100 Jahren, am 9. April 1915, starb Loeffler im Alter von 62 Jahren in Berlin. Beigesetzt wurde er jedoch in Greifswald.
Das ostdeutsche Insel-Institut stand hingegen erst am Anfang seiner Geschichte: Diese wurde allerdings zunächst durch den Ersten Weltkrieg unterbrochen, bevor man sich dann in den nächsten Jahrzehnten vor allem mit einem Wirkstoff gegen die – immer wieder einmal grassierende – Maul- und Klauenseuche beschäftigte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vergingen sieben Jahre, bis die nun in der mittlerweile entstandenen DDR gelegene Einrichtung aus Anlass des 100. Geburtstages Friedrich Loefflers den Namen bekam, den sie noch heute trägt.
Deutschland-Spezial 2022 – Band 2
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