Unverblümt: Der „rote Philipp“
Ein Leben für die Sozialdemokratie hat Philipp Scheidemann geführt, der am 26. Juli 1865 in Kassel geboren wurde. Zu seinem 150. Geburtstag würdigt die Deutsche Post Scheidemann mit einer Briefmarke zum Nennwert von 145 Cent. In Anbetracht seines lebenslangen politischen Engagements für die Sozialdemokratie in Deutschland befremdet es geradezu, wie stiefmütterlich Philipp Scheidemann bis in die jüngste Zeit von den eigenen Genossen behandelt wurde. Historiker vermuten in dem gespannten Verhältnis zu seinem Parteirivalen Friedrich Ebert, das ganz besonders unverblümt in dem noch unveröffentlichten, dritten Memoiren-Band zutage tritt, und der darin vorgenommenen kritischen Bewertung der SPD während der Weimarer Republik die Hauptursachen für dieses Gebaren.
Aufzuwiegen vermag dies auch nicht der Umstand, dass er schon in jungen Jahren durch sein rednerisches Geschick viele Menschen für den sozialdemokratischen Gedanken begeistern konnte und sich während des Ersten Weltkrieges bereits sehr früh und unermüdlich für einen Frieden der Verständigung, den „Scheidemann-Frieden“, stark machte. Eine Sondermarke erinnert nun anlässlich seines 150. Geburtstages an den bedeutenden Sozialdemokraten.
„Wenn ich am 26. Juli 1865, als ich das ‚Licht der Welt‘ erblickte, der ganzen Umgebung wegen, mich sofort tot gelacht hätte, so wäre das vielleicht das Gescheiteste gewesen. Mancher spätere Verdruss wäre mir erspart geblieben.“ In diesen Sätzen, sie erscheinen 1928 in seinen Memoiren, offenbart sich bereits sein außerordentlich heiteres Naturell und der Hang zur Pointe. Dabei hätte der junge Philipp Heinrich Scheidemann eigentlich nichts zu lachen gehabt: Der frühe Tod des Vaters, eines Kasseler Tapezier- und Polsterermeisters, machte einen weiteren Besuch der Höheren Bürgerschule unmöglich. Mühsam ernährte nun die Mutter mit Näharbeiten die Familie, Philipp trat 14-jährig eine Schriftsetzerlehre bei der Firma Gebrüder Gotthelft in Kassel an. Sein wöchentlicher Lohn im letzten Lehrjahr betrug gerade mal 3,50 Mark, bei einer Arbeitszeit von mindestens zwölf Stunden an sechs Tagen der Woche.
Diese Erfahrung, dass ein Schicksalsschlag rasch in unverschuldete Armut führen kann, war gewiss prägend für seine politische Weltanschauung …
Mehr über den genialen Redner und emsigen Politiker lesen Sie in der DBZ 15/2015, die seit gestern frisch in den Kiosken und Bahnhofsbuchhandlungen erhältlich ist. Oder Sie entscheiden sich für ein Abonnement der vierzehntäglich erscheinenden Zeitschrift: Dann erhalten Sie das Heft zu einem günstigeren Preis und außerdem liegt Ihr Exemplar noch vor dem Erstverkauf im Kiosk schon in Ihrem Briefkasten – sofern die Post nicht streikt.
Leserbriefe
ISBN: 978-3-95402-267-0
Preis: 29,80 €
Versandkostenfreie Lieferung innerhalb Deutschlands.
Jetzt bestellen