Eine Ode an Finnland
Jean Sibelius ist der berühmteste finnische Komponist nicht nur des 20. Jahrhunderts. Speziell aufgrund seines bekannten symphonischen Werks „Finlandia“ – und insbesondere im Kontext des finnischen Wegs zu nationalstaatlicher Unabhängigkeit – erhielt er darüber hinaus bereits zu Lebzeiten die Rolle eines verehrten nationalen Aushängeschilds. Sein Geburtstag jährt sich in diesem Jahr am 8. Dezember zum 150. Mal.
Eigentlich hieß der Komponist aus dem hohen Norden Johan Chistian Sibelius, und von seinen Eltern wurde er Janne genannt. Den Namen Jean gab er sich erst als junger Mann und angehender Komponist selbst. Angeregt wurde Sibelius dazu durch einen Onkel, der den seinen, auf einen modernen und internationalen Klang abzielend, einst ebenfalls ins Französische übersetzt hatte. Frühe musikalische Impulse erhielt Sibelius, dessen Vater Arzt war, im Kindesalter unter anderem von seiner Klavier spielenden Mutter sowie einer Tante. Des Sommers wiederholt bei seinen Großeltern verweilend, war es ihm zudem vergönnt, Konzerte zu hören und Liederabende mitzuerleben. Er übte sich auch schon kreativ in ersten eigenen kompositorischen Versuchen, als er im Gymnasialalter vom Klavier auf die Geige umsattelte. Dabei musizierte er regelmäßig mit seinen Geschwistern und entwickelte einige Könnerschaft.
Obwohl Sibelius sich 1885 nach Helsinki begab, um Rechtswissenschaften zu studieren, war es seine Leidenschaft für die Musik, die den Großteil seiner dort verbrachten Zeit bestimmte. Angeregt und unterstützt durch Kontakte mit anderen Musikern und Lehrern, die er am örtlichen Musikinstitut kennenlernte, stellte sich dabei heraus, dass seine Laufbahn nicht die eines Instrumentalisten, schon gar nicht eines Juristen, sondern die eines Komponisten sein würde. Kurz bevor das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts begann, lernte Sibelius nicht nur seine spätere Ehefrau Aino Järnefelt kennen, die aus einer adeligen Familie kam. Es ergaben sich außerdem erste öffentliche Aufführungen seiner Werke. Dies trug dazu bei, dass Sibelius als große Hoffnung der finnischen Musikwelt gehandelt und fachlich wie finanziell gefördert wurde.
So war seine nächste Station Berlin, nicht nur, um sich bei ausgesuchten Könnern unterweisen zu lassen, sondern auch, um dort viele Konzerte und Opern besuchen zu können. Und auch während seines ebenfalls kurzen Aufenthalts in Wien bewegte sich Sibelius danach zwischen privatem Unterricht, musikalischen Instituten und Ereignissen sowie kulturellen und gesellschaftlichen Vergnügungen. Gerade letzteres strapazierte die finanziellen Mittel des aufblühenden und aufstrebenden Künstlers immer wieder bis zur Grenze.
Zurück in Helsinki kam es zur Heirat mit Aino – die beiden sollten fünf Kinder haben, von denen eines, die Tochter Kirsti, jedoch tragischerweise früh an Typhus starb – und außerdem interessierte und setzte sich Sibelius, darin nicht untypisch für einen Komponisten der Phase zwischen „Romantik“ und „Moderne“, mit traditioneller Dichtung und Volksmusik seiner Heimat auseinander. Speziell ließ er sich vom aus mythologischen Überlieferungen zusammengesetzten alten finnischen Epos der „Kalevala“ inspirieren.
Im Jahr 1900 war Jean Sibelius ein umtriebiger Künstler, der u.a. mit „Der Schwan von Tuonela“, „Finlandia“ und der „1. Symphonie“ bereits einige seiner bedeutenden Arbeiten abgeschlossen sowie in verschiedenen europäischen Städten zur Aufführung und in gedruckter Form zur Veröffentlichung gebracht hatte. 1903 und 1904 folgten mit „Valse triste“ und der „2. Symphonie“ weitere bekannte Werke, und in den folgenden Jahren dirigierte Sibelius seine international rezipierten Arbeiten auch öfter.
Seit 1904 lebte er mit seiner Familie auf einem Landsitz in der Nähe Helsinkis, der den Namen „Ainola“ („Ainos Platz“) erhielt. Wenngleich sich künstlerischer und kommerzieller Erfolg trotz der von den beiden katastrophalen Weltkriegen überschatteten Jahrzehnte in gewisser Weise einpendelten, war es insbesondere Sibelius‘ jahrelanger Kampf mit dem Alkohol, der in seinem Privatleben oft für eine unsichere und heikle finanzielle Lage sorgte.
Jean Sibelus starb, nachdem in den vorangegangenen Jahren Ruhe eingekehrt und sein Schaffen zu einem Ende gekommen war, 1957 im hohen Alter und an der der Seite seiner Ehefrau auf Ainola.
Osteuropa 2021/2022 (E15)
ISBN: 978-3-95402-365-3
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