Ehrfurcht vor dem Leben
Der Name Albert Schweitzer ist allgemein bekannt: Bei ihm denkt man an den karitativen Einsatz für die Mitmenschen und an den Tierschutz. An einen Idealtypen tiefsinniger Individualität und Menschlichkeit: Denn dem habilitierten Theologen, Philosophen und Arzt Albert Schweitzer war es wichtig, praktisch zu wirken, zu helfen und seine Reflexionen auf der Grundlage menschlicher Erfahrung zu entwickeln. Bekannte Schweitzersche Sätze und ethische Leitsprüche waren nicht das Ergebnis technokratischer Wissensproduktion und eindimensionalen Leistungsstrebens, sondern entsprangen Mitgefühl und Nachdenklichkeit. Am 14. Januar jährt sich der Geburtstag Albert Schweitzers zum 140. Mal.
Besonders in Afrika betätigte sich der für das Jahr 1952 gekürte Friedensnobelpreisträger: 1913 war das Jahr, in dem er dort mit dem Aufbau eines Krankenhauses im gabunischen Lambaréné begann, das ein zentrales Element seines Lebenswerkes ausmacht.
Doch war Schweitzer da bereits einen langen Weg gegangen: Aus dem elsässischen Kaysersberg an die Universitäten in Straßburg und Paris. Als Sohn eines Geistlichen waren es religiöse, christliche ethische Vorstellungen, die ihn früh beeinflussten und zunächst tief in die geisteswissenschaftlichen Disziplinen führten. Zu einem zweiten Studium im Fach Medizin bewog den 30- jährigen Lehrvikaren dann besonders der Wunsch, Missionsarzt auf dem afrikanischen Kontinent zu werden. Daheim hätte ihm, der in seinen Disziplinen insgesamt drei Dissertationen verfasste, eine akademische Karriere als Professor gewunken.
Mit Schweitzer ging seit 1912 Helene Bresslau. Die Tochter der beiden, Rhena, arbeitete nach dem Tod der Eltern im auch noch heute weitergeführten Lambarénér Krankenhaus.
Das deutsche Ehepaar wurde während des Ersten Weltkrieges in Gabun von den Franzosen verhaftet und nach Europa gebracht. 1920 kehrte der von seiner afrikanischen Mission beseelte Schweitzer dann alleine zurück an seine ausgesuchte Wirkungsstätte. Die an Tuberkulose erkrankte Lehrerin Helene blieb mit der kleinen Rhena im familieneigenen Haus im Schwarzwald.
Stets bewegte sich Schweitzer in den nächsten Jahrzehnten zwischen Afrika und Europa, wo er oft auf Vortragsreisen ging. Und auch Helene Schweitzer-Bresslau reiste später wieder mehrere Male nach Lambaréné. Während des Zweiten Weltkrieges wurden im überkonfessionellen Lambarénér Hospital nicht nur Menschen aus unterschiedlichen regionalen Stämmen behandelt, sondern auch Verwundete verschiedener Kriegsparteien.
Denn Schweitzers Ethik war eine der „Grenzenlosigkeit“. Und auch seine Beziehung zu den Tieren, die um das Krankenhaus und ihn selbst herum lebten, vom Vogel bis zur Ameise, wurde Gegenstand seiner Gedanken. Die „Ehrfurcht vor dem Leben“ – ein wesentlicher und berühmter Begriff Schweitzers – beschränkte sich bei ihm nicht auf den Menschen: Wie konnte man das Leid eines anderen Lebewesens für leichtfertiges Handeln, das nicht als unbedingt notwendig und unumgänglich erwiesen war, in Kauf nehmen? „Die Tiere“, so soll es der spätere Vegetarier Schweitzer formuliert haben, „sind Eure Brüder und Schwestern.“ Alle, selbst die Pflanzen, wollten das Gleiche: leben.
Der Musikliebhaber Schweitzer – er selbst spielte Orgel, gab auch Konzerte und schrieb speziell über Johann Sebastian Bach musiktheoretische Abhandlungen – hatte nach dem Krieg ein weiteres großes Anliegen: Den Gefahren der Atombombe und des Atomkrieges entgegenzutreten.
Albert Schweitzer wurde 90 Jahre alt. Wie zuvor seine Ehefrau wurde er in Lambaréné beigesetzt. Weltweit sind bis heute mehr als 100 Briefmarken-Ausgaben mit dem Urwalddoktor erschienen.
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