Steinernes Gesicht und flacher Filzhut
Neben Charlie Chaplin und Harold Lloyd gehört Buster Keaton zu Amerikas größten Stummfilmkomikern. Seine Auftritte in mehr als 150 Kurz-, Stumm- und Tonfilmen haben den Schauspieler und Regisseur unsterblich werden lassen, auch wenn sein Körper die Erde vor 50 Jahren, am 1. Februar 1966, verlassen musste. Buster Keaton starb an Lungenkrebs. Seine sterblichen Überreste liegen auf dem Forest Lawn-Friedhof in den Hollywood Hills, wo ein Jahr zuvor auch Stan Laurel seine letzte Ruhestätte fand.
Die Charaktere, die Keaton spielte, bewegen sich zwischen trauriger Melancholie und atemberaubender Artistik. Sein unbeweglicher Gesichtsausdruck verschaffte ihm den Beinamen „Stoneface“. Ein weiteres Markenzeichen wurde sein Pork-Pie-Hut, ein runder, flacher Filzhut mit einer schmalen Krempe, einem leicht aufgebogenen Rand und einem einfarbigen Hutband mit seitlicher Schleife.
Nur ein einziges Mal, von November 1951 bis Januar 1952, standen die beiden Meister der Slapstick-Komödie, Buster Keaton und Charlie Chaplin gemeinsam vor der Kamera: beim Film „Rampenlicht“ – einer melancholischen Hommage an die goldene Ära des Varietés. Der Film schildert, wie die Unterhaltungsindustrie ihre Stars fallen lässt. Das Melodram erzählt die tragische Geschichte des alternden Clowns Calvero, gespielt von Chaplin, der eine junge Tänzerin vor dem Suizid rettet und versucht, ihr den Lebensmut zurückzugeben. Mit leisem Humor wird beschrieben, wie der altersweise Calvero erkennt, dass seine Karriere und sein Leben zu Ende gehen. Calveros Partner wird von Keaton gespielt.
Keaton wurde während einer Tournee des Schauspielerpaares Joseph und Myra Keaton in einer Kleinstadt im Mittleren Westen der USA geboren. Den Namen Buster erhielt er von seinen Eltern, nachdem er einen gefährlichen Treppensturz unbeschadet überstanden hatte. Bereits als Kind trat er gemeinsam mit seinen Eltern in zirkusartigen Provinz-Varietés als „The Three Keatons“ auf. Seine körperliche Geschicklichkeit und halsbrecherische Stunts zur Belustigung des Publikums wurden dabei von seinen Eltern ausgenutzt. Durch die häufigen Ortswechsel des Straßentheaters erlangte Keaton keine geregelte Schulbildung.
Mit 21 Jahren lernte Keaton den Schauspieler und Regisseur Roscoe Arbuckle kennen, der zuvor bereits in Filmen mit Charlie Chaplin aufgetreten war. Das neue Medium Film reizte Keaton. 1917 war er gemeinsam mit Arbuckle im Film „Der Fleischerjunge“ (The Butcher Boy) das erste Mal auf der Leinwand zu sehen. In den Folgejahren spielten Keaton und Arbuckle gemeinsam in mehreren Kurzfilmen.
Durch den Ersten Weltkrieg wurde Keatons Schauspielerkarriere um mehrere Monate unterbrochen. Keaton leistete seinen Kriegsdienst in Frankreich. Nach seiner Rückkehr erhielt er zahlreiche Angebote. „Der Dummkopf“ (The Saphead) wurde sein erster Streifen mit Spielfilmlänge. Kurz darauf erhielt Keaton bereits sein eigenes Filmstudio. Es war das frühere Studio von Charlie Chaplin.
1926 übernahm Keaton Regie und Hauptrolle im Stummfilm „Der General“. Darin will der Lokomotivführer Johnnie Gray bei Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkrieges in die Südstaatenarmee eintreten, um seiner Verlobten in Uniform zu imponieren. Doch er wird abgewiesen, weil man ihn in seinem Beruf für wichtiger erachtet. Daraufhin trennt sich seine Verlobte von ihm. Als später noch Grays bewunderte Lokomotive „General“ von Nordstaatlern entführt wird, nimmt eine turbulente Verfolgungsjagd ihren Lauf. Gray durchbricht die feindlichen Linien, um seine umschwärmte Lokomotive und angebetete Verlobte zurückzugewinnen.
Bei den Dreharbeiten legte Keaton großen Wert auf Authentizität, daher ließ er auch einen realen Zug von einer brennenden Brücke in die Tiefe stürzen. Diese und weitere Szenen mit fahrenden Kameras ließen den Film zu einem der teuersten der Stummfilmkomödien werden. Doch die Komödie wurde vom zeitgenössischen Publikum nicht angenommen. Man schien Keaton übel zu nehmen, dass er einen ernsthaften historischen Rahmen wie den Bürgerkrieg als Hintergrund für seine Komödie wählte. Der Film fuhr enorme Verluste ein. Dass sein Lieblingswerk, in dessen Plot und tollkühne Stunts er so viel Akribie gesteckt hatte, so wenig Anerkennung fand, stürzte Keaton in eine tiefe Krise. Er flüchtete sich in den Alkohol. Während der Tonfilm die Stummfilme verdrängte, trat Keaton im Zirkus und in schlecht bezahlten Bühnenshows auf und schrieb Gags für Kollegen.
Nicht der Siegeszug des Tonfilms habe Keatons Karriere ein Ende bereitet, sondern die Hollywood-Maschinerie habe seine Kreativität zum Erliegen gebracht, meint der Kunsthistoriker Andreas Mäckler. Das Metro-Goldwyn-Mayer-Studio habe „versucht, den Komiker in ein Format zu pressen und seine Gags zu standardisieren“. Keatons künstlerische Freiheit wurde beschnitten.
Nach jahrzehntelanger Vergessenheit wurde Buster Keaton in den 1950er Jahren wiederentdeckt. Filmfestivals würdigten ihn als lebende Kinolegende. 1960 erhielt er einen Ehrenoscar für seine Verdienste um die Filmkomödie. Buster Keaton hatte das Glück, noch zu Lebzeiten zu erfahren, wie sein umfangreiches Schaffen große Bewunderung, tiefen Respekt und besondere Wertschätzung bei Cineasten und Kinogängern auslöste.
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