Strikt nationale Politik
In Deutschland ist Raymond Poincaré vor allem als Leiter der alliierten Reparationskommission nach dem Ersten Weltkrieg bekannt. In dem Amt trat er strikt antideutsch auf, womit er zweifellos den Gefühlen vieler Franzosen folgte. Erst langfristig zeigte sich, dass die Mahner, die vor zu harten Friedensbedingungen warnten, die Folgen der Politik Poincarés korrekt eingestuft hatten.
Poincaré selbst erkannte dies wohl nicht einmal nach der Wahlniederlage von 1924. In Deutschland hatte die Rheinland-Besetzung die Inflation verschärft und zum Zusammenbruch der Wirtschaft geführt. Doch profitierte Frankreich keineswegs von dem Einmarsch. Vielmehr sprengten die Kosten der Intervention die Staatskasse, und die Wähler bestraften die dafür verantwortliche Regierung. Auch innerhalb der Koalition der Sieger hatte sich Frankreich isoliert.
Raymond Poincaré ging früh in die Politik. Am 20. August 1860 geboren, gehörte er bereits 1887 der Abgeordnetenkammer an. Dort erwarb er sich als Wirtschafts- und Finanzexperte Meriten. Sein erstes Ministeramt trat er im April 1893 an. Bis Dezember leitete er das Ministerium für Bildung, Kunst und Religion. Zwischen Mai 1894 und Januar 1895 wirkte er als Finanzminister, ehe ins Kultusministerium zurückkehrte, das er am 1. November 1895 verließ. Die kommenden Jahre wirkte er als Anwalt. Für kurze Zeit amtierte er 1906 erneut als Finanzminister.
1911 verstärkte er seine politischen Aktivitäten wieder und übernahm zwischen Januar 1912 und Januar 1913 die Ämter des Ministerpräsidenten und des Außenministers. Im Rahmen seiner strikt nationalen Politik förderte er die Aufrüstung und stärkte das Dreierbündnis mit Großbritannien und Russland. Am 17. Januar 1913, also heute vor 100 Jahren, wurde er sodann zum Staatspräsidenten gewählt.
In seine vom 18. Februar 1913 bis 18. Februar 1920 währende Amtszeit fiel die durch den Mord von Sarajevo ausgelöste Julikrise 1914. Gemeinsam mit Ministerpräsident René Viviani besuchte Poincaré Russland und sicherte dem Zaren die Unterstützung Frankreichs zu. Russland hatte bereits zuvor die serbischen Nationalisten unterstützt und ordnete die Generalmobilmachung an, sowie die Gäste abgereist waren. Mit Fug und Recht kann man sagen, dass auch Poincaré am europäischen Pulverfass gezündelt hat. Während der Kriegsjahre forderte er, bis zum Sieg zu kämpfen. Um die politische Einheit Frankreichs zu sichern, berief er 1917 Georges Clemenceau zum Ministerpräsidenten, der 1920 vergeblich für Poincarés Nachfolge kandidierte.
Dieser kehrte nach 1924 noch einmal in die Politik zurück und wirkte von Juli 1926 bis Juli 1929 als Ministerpräsident, bis November 1928 zugleich als Finanzminister. Aus gesundheitlichen Gründen zog er sich dann ins Privatleben zurück. Raymond Poincaré, ein Vetter des Mathematiker Henri Poincaré, verstarb am 15. Oktober 1934.
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