Auf Augenhöhe mit dem Preußenkönig
Friedrich der Große ist sein Meisterwerk. Kein Gemälde des Preußenkönigs wurde so oft kopiert, wie das von Anton Graff geschaffene. Dabei musste der Künstler aus dem schweizerischen Winterthur unter erschwerten Bedingungen arbeiten. Friedrich der Große saß ihm nämlich keineswegs Modell. Stattdessen erhielt Graff bei einer Militärparade im Jahr 1781 einen Platz mit besonders guter Sicht auf den König. Die Skizzen, die er währenddessen erstellen konnte, genügten ihm, ein Glanzstück der Porträtmalerei zu fertigen.
Trotz der großen Distanz entstand ein Gemälde voller Ausdruckskraft, das die Persönlichkeit Friedrich des Großen einzufangen scheint. Das Licht liegt auf dem Gesicht des Monarchen, im Mittelpunkt stehen seine Augen, die Kontakt zu ihrem Betrachter aufnehmen. Angesichts dieser großen Kunst ist es nicht verwunderlich, dass Graff zu den gefragtesten Porträtmalern seiner Zeit gehörte.
Dichter, Denker, Staatslenker, sie alle standen Schlange, um ihr Antlitz von Graff auf die Leinwand bringen zu lassen. Er hatte so viele Aufträge, dass es teils zu beträchtlichen Wartezeiten kam. Die soziale Stellung der Kunden spielte für ihn aber eine untergeordnete Rolle. Auch Prinz Heinrich von Preußen musste zum Beispiel auf einen Termin beim Meister warten. Zeitgenossen, die ihm nicht genehm waren, konnte er abweisen, ohne sich um sein finanzielles Auskommen Sorgen machen zu müssen.
Die Namen derer, die ihm Modell gesessen haben, ergeben eine beeindruckende Liste. Hier eine kleine Auswahl der Prominenz, die vor seiner Leinwand Platz nahm: Die Autoren der Weimarer Klassik Schiller, Herder und Wieland fehlten ebensowenig wie Heinrich von Kleist, Gotthold Ephraim Lessing, Christian Felix Weisse, Christoph Willibald Gluck, Moses Mendelssohn, Friederike Sophie Seyler und Katharina die Große von Russland. Was war denn mit Goethe?, mag man sich fragen, wo doch so viele seiner Weggefährten bei Graff saßen. Nun, der Dichterfürst war mit dem Künstler befreundet und bewunderte sein Talent. Dass er sich von ihm malen ließ, ergab sich aber nie.
Insgesamt porträtierte Graff rund 800 Gesichter seiner Zeit. Dass er bei so viel Prominenz gelegentlich mit Starallüren zu tun hatte, überrascht nicht. Schillers Schwierigkeiten, still auf dem Stuhl zu sitzen, waren wohl das geringste Problem. Dass sich hingegen Iffland weigerte, das vereinbarte Honorar für sein Porträt zu zahlen, mit der Begründung, die Ehre, ihn zu malen, müsse genügen, dürfte den Künstler weniger erfreut haben.
Der heute vor 200 Jahren verstorbene Graff war ein emsiger Maler: Über 2000 Gemälde und Zeichnungen fertigte er an. Viele davon hängen heute in Museen in der Schweiz, Deutschland, Russland, Estland und Polen. Das Porträt Friedrichs des Großen kann im Schloss Charlottenburg bewundert werden.
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