„Na gut, es ist Mord, aber Befehl ist Befehl.“
Mit diesen Worten quittierte am 3. Juli 1863 der junge Offizier Charles R. Mudge den Befehl seines Vorgesetzten. Wenige Minuten später traf ihn eine Kugel in den Hals und er starb gemeinsam mit weiteren 137 Männern seines Regiments. Lieutenant Colonel Mudge war einer der rund 23.000 Soldaten der Nordstaaten-Armee, die sich vor 150 Jahren bei Gettysburg dem Angriff der Konföderierten unter General Robert E. Lee entgegenstellten. Die Schlacht gilt als Wendepunkt des Amerikanischen Bürgerkrieges. Hatten die bis dahin offensiv operierenden Südstaaten durch geschicktes Vorgehen die Überlegenheit der Nordstaaten auszugleichen vermocht, verlor der Süden in den drei Tagen vom 1. bis zum 3. Juli 1863 eine der größten Schlachten des Krieges. Die Verluste konnten nicht wieder ausgeglichen werden und die Initiative lag von nun an in den Händen des Nordens. Zwei Jahre später kapitulierte General Lee und die wieder vereinigten Staaten von Amerika zählten die Toten dieses Bruderkrieges. Die geschätzten Zahlen gehen gegen 600.000 gefallener Soldaten, mehr als die USA in allen anderen Kriegen zu beklagen hatten.
Als sich der Süden der USA 1861 lossagte, um fortan als „Konföderierte Staaten von Amerika CSA“ die Geschicke in die eigenen Hände zu nehmen, ließ man sich nicht viel Zeit zum Säbelrasseln. Beide Seiten stellten, so gut sie konnten, Armeen auf und man brannte darauf, den Gegner in die Schranken zu weisen. Der industriell überlegene Norden rechnete mit einer schnellen Niederschlagung der Rebellion. Doch bald sollte sich zeigen, dass Halbherzigkeit gegenüber den entschlossenen Südstaaten fatal war. Unter ihrem brillianten Anführer Robert E. Lee vermochten die Südstaaten ein ums andere Mal die Stellung zu behaupten.
In den folgenden Jahren verbissen sich beide Seiten in einen Konflikt, der oft als der erste moderne Krieg bezeichnet wird. Modern war er in der Hinsicht, dass die gesamte Wirtschaftsleistung in die Waagschale geworfen wurde. Eisenbahnen und Schützengräben hielten Einzug ins Kriegsgeschehen. Aber was noch viel schwerer wog, war die Tatsache, dass sich aus dem Bürgerkrieg ein „totaler Krieg“ entspann. Vernichtungsfeldzüge sollten die Moral und Wirtschaft des Gegners schwächen, Handelsblockaden führten zu Hunger und Tod und mehrere Generationen Männer eilte zu den Waffen.
Als der Norden in einer gewaltigen Umfassung versuchte, den Mississippi unter seine Kontrolle zu bringen, stieß der Süden mit seiner Nord-Virginia-Armee nach Pennsylvania vor. Man wollte die Hauptstadt Washington bedrohen und so die US-Truppen von anderen Schauplätzen fortlocken. Mit Erfolg. Unter George Meade sammelte sich ein großes Nordstaatenheer, die Potomac-Armee, und versuchte die Eindringlinge zurückzuschlagen. Bei Gettysburg trafen die gewaltigen Armeen aufeinander. Lees CSA-Truppen gelang es, am ersten Tag die Nordstaatler aus der Stadt zu drängen, sodass diese auf einem südlich gelegenen Hügelkamm Schutz suchen mussten. Am Morgen des 2. Juli befahl General Lee Angriffe auf beide Flanken der Nordstaaten-Stellungen. Die Konföderierten stürmten die steilen Hänge empor, doch konnten sie von den von oben herab feuernden Nordstaatlern ein ums andere Mal zurückgeschlagen werden. Obwohl vereinzelte Truppen in die US-Linien einbrachen und im Handgemenge versuchten, ihre Positionen zu behaupten, scheiterte die Offensive. Kurz vor Mitternacht brachen die Generäle den Kampf ab, der bis dahin etliche Tausend Tote und Verwundete auf beiden Seiten gekostet hatte.
Am dritten Tag setzte der Südstaatengeneral schließlich alles auf eine Karte. Nach kleineren Flankenangriffen befahl er den Sturm auf das Zentrum der US-Armee. 12.000 Südstaaten-Soldaten setzten sich in Bewegung, überquerten eine freie Fläche, auf der sie fürchterlichem Gewehr- und Geschützfeuer ausgesetzt waren, und stürmten anschließend den Hügelkamm. Dieser heißt „Cemetary Ridge“, also Friedhofs-Kamm, und gilt heute als die Hochwassermarke der Konföderierten. Bis hierhin kamen sie, hier wurden sie in unerbittlichem Nahkampf zurückgeschlagen. Die Verluste dieses Frontalangriffs waren erheblich. Über 5000 Südstaatler verbluteten auf den Hängen. Als keine Verstärkung mehr nachrückte, zogen sich die geschlagenen Soldaten zurück. Aber auch die Nordstaatler waren nicht mehr kampfbereit. Drei Tage erbitterter Kämpfe hatten beide Armeen an den Rand der Vernichtung gebracht. Lee gelang es zwar, die Reste seines Heers geordnet nach Virginia zurückzuführen, doch vermochte er die hohen Verluste nicht mehr auszugleichen.
Auch das ursprüngliche Ziel, die Umfassung des Südens zu verhindern, war nicht erreicht worden. Einen Tag nach Gettyburg fiel die strategisch wichtige Stadt Vicksburg am 4. Juli 1863. Von hier aus sollte der US-General Grant später seinen grausamen Zug durch den Süden starten, mit dem Ziel, möglichst viele Städte und Plantagen niederzubrennen und den Süden auszubluten. Damit sollte er Erfolg haben.
Gettysburg blieb fortan Teil einer Legende, die bis heute die Menschen in den USA bewegt. Es war der Anfang vom Ende der Südstaaten.
Ostafrika
ISBN: 978-3-95402-372-1
Preis: 89,00 €
Versandkostenfreie Lieferung innerhalb Deutschlands.
Jetzt bestellen