Student mit zehn Jahren

Frankreich 1939 Briefmarke Debussy MiNr. 451 Briefmarke

1939 emittierte Frankreich Zuschlagsmarken zugunsten arbeitsloser Intellektueller. Der Wert zu 70 Centimes ehrte Claude Debussy, MiNr. 451 (Abb. Schwaneberger Verlag).

„Die Musik beginnt da, wo das Wort unfähig ist, auszudrücken. Musik wird für das Unaussprechliche geschrieben; ich möchte sie wirken lassen, als ob sie aus dem Schatten herausträte und von Zeit zu Zeit wieder dahin zurückkehrte; ich möchte sie immer diskret auftreten lassen.“
Achille-Claude Debussy hatte klare Vorstellungen, wie seine Tonsprache aussehen sollte. Die konventionellen Formen mochte er nicht übernehmen, doch ebenso wenig die Musik einen anderen Ideal unterordnen, wie das seiner Meinung nach Richard Wagner tat, auf dessen Schöpfungen sich die Abgrenzung bezog. In Formlosigkeit und Vereinfachung, wie sie sein Freund Erik Satie anstrebte, sah er aber auch kein Ziel. Vielmehr wollte er Formen und Harmonik modernisieren und legte Werke mit klar erkennbaren, durchdachten Strukturen vor. Musikwissenschaftler stellten denn auch fest, manche Komposition sei ähnlich streng durchgearbeitet wie beispielsweise eine Fuge Johann Sebastian Bachs.
Aufsehen erregte Debussy mit Anleihen in Fernost. Auf der Weltausstellung 1899 hörte er ein javanisches Gamelan-Ensemble, dessen Pentatonik ihn faszinierte. Schnell fand er Möglichkeiten, die Klangstrukturen in seine Tonsprache zu integrieren. Schritt für Schritt entwickelte er seine eigene Harmonik, für die er weitere, von der mitteleuropäischen kaum oder gar nicht beachtete Musikstile studierte, andere asiatische, aber auch slawische. Die spanische Tanzmusik hielt ebenso Einzug in sein Schaffen wie frühe Formen des Jazzes. Keineswegs beschränkte er sich aber auf das klassischen Komponisten Fernstehende, sondern beschäftigte sich auch intensiv mit den Schöpfungen von Zeitgenossen wie Satie, Modest Mussorgsky oder Igor Strawinski, mit dem ihm eine enge Freundschaft verband. Eher zurückhaltend verkehrte er mit Maurice Ravel, der heute neben Debussy als wichtigster Vertreter des französischen Impressionismus angesehen wird. Für beide gilt, dass die Einstufung der Nachgeborenen vielleicht nicht unbedingt dem eigenen Blickwinkel entspricht. Doch dieses Schicksal teilten sie mit zahlreichen Künstlern, nicht bloß Musikern.
Claude Debussy, geboren am 22. August 1862, stammte aus ärmlichen Verhältnissen. Sein Vater konnte ein Steingut- und Porzellangeschäft nicht halten und trat als Buchhalter in die Dienste einer Eisenbahngesellschaft. Dass Debussy zur Musik fand, verdankte er in erster Linie der ehemaligen Chopin-Schülerin Antoinette-Flore Meuté de Fleurville, die ihm eine Ausbildung am Klavier ermöglichte. Schon nach zwei Jahren Unterricht wurde Debussy am Pariser Konservatorium aufgenommen – gerade einmal im zehnten Lebensjahr stehend. Obgleich er als Pianist durchaus Erfolge verzeichnete und den ersten Preis in Klavierbegleitung gewann, wandte er sich im Studium der Komposition zu. 1884 erhielt er den „Prix de Rome“ zugesprochen, verbunden mit einem vier Jahre währenden Stipendium.
Seine Werke fanden zwar nicht unbedingt die Zustimmung der Académie des Beaux-Arts, deren Vertreter die eingesandten Kompositionen prüften. Die Jahre als Stipendiat verhalfen ihm aber zum Durchbruch, musste er sich danach auch anfangs mehr schlecht als recht mit Auftragskompositionen durchschlagen. Dazu trug wahrscheinlich bei, dass er das Leben des Bohemiens pflegte, verstärkt durch die Arbeit als Musikkritiker, für die er die Figur „Monsieur Croche antidilettante“ schuf. Die Texte sind auch heute noch lesenswert.
Trotz seiner nicht den klassischen Schemata folgenden Tonkunst konnte Claude Debussy große Erfolge vorweisen. Manchem Kritiker galt er gar als „Stimmungskomponist“, ein in dem Genre negativ belegtes Wort. Der eine oder andere kleine Skandal förderte Debussys Karriere mehr, als er schadete. So inszenierten Anhänger einer Primadonna einen kleinen Tumult während der öffentlichen Generalprobe der Oper „Pelléas et Mélisande“, 1902. Wenige Jahre vor seinem Ableben am 25. März 1918 spielte Claude Debussy noch einige seiner Kompositionen für die Klavierrolle ein.


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Authored by: Torsten Berndt

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