Schnell und leicht von der Hand

Briefmarke zu Franz Xaver Gabelsbergers 200. Geburtstag 1989

Prägnant: Briefmarke zu Gabelsbergers 200. Geburtstag 1989, MiNr. 1423.

An der Entwicklung einer deutschen Kurzschrift und darauf basierender stenografischer Praxis hatte Franz Xaver Gabelsberger maßgeblichen Anteil. Die Kurzschrift, die der vor 165 Jahren, am 4. Januar 1849, gestorbene Bayer konzipierte, fand schnell weite Verbreitung, bevor sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die Deutsche Einheitskurzschrift mündete.
In das von Gabelsberger erarbeitete schriftliche System führten vor allem seine zwei Veröffentlichungen „Anleitung zur Deutschen Redezeichenkunst oder Stenographie“ von 1834 und „Neue Vervollkommnungen in der deutschen Redezeichenkunst oder Stenographie“ von 1843 ein. Der Kurzschrift Gabelsbergers waren schon in der Antike und seit dem 16. Jahrhundert vor allem in England elaborierte Formen schriftlicher Abkürzung vorangegangen. Gabelsberger schätzte speziell die „Tironischen Noten“ des römischen Kurzschrift-Pioniers Marcus Tullius Tiro.

Was man in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum wiederum vor allem an seiner neuen Schrift schätzte, war, dass sie sich flüssiger schreiben ließ als die eher unverbundenen „geometrischen“ Zeichen anderer üblicher Kurzschriftsysteme. Bei der „Gabelsberger-Kurzschrift“ handelte sich um eine der deutschen Langschrift ähnliche Kursivschrift, um eine leichter von der Hand gehende „Schreibschrift“. Sie enthielt mehr als dreimal soviele „Redezeichen“ wie das Alphabet Buchstaben, wobei Laute wie „sch“ oder „tr“ durch einzelne Zeichen festgehalten werden konnten. Auch wurden z. B. Vokale in vielen Fällen gar nicht geschrieben, sondern durch veränderte Schreibweisen davor oder dahinter stehender Konsonanten zum Ausdruck gebracht.

Die Schrift war im Rahmen der eigenen beruflichen Tätigkeit ihres Namensgebers und eng an praktischen stenografischen Bedürfnissen orientiert entstanden. Wie Tiro, der ungefähr 2000 Jahre zuvor für den römischen Philosophen Cicero gearbeitet hatte, übte auch Gabelsberger Sekretärsaufgaben im staatlichen politischen Kontext aus. Als Diktate aufnehmender Kanzlist im bayrischen Innenministerium und als Landtagsstenograf im jungen bayrischen Parlament hielt er Gesprochenes schriftlich fest, schrieb möglichst präzise und schnell mit. Gabelsberger war in München aufgewachsen und nach dem Gymnasium 1809 schließlich mit 20 Jahren in den bayrischen Staatsdienst eingetreten. Ein gewünschtes Hochschulstudium hatte er aus finanziellen Gründen nicht realisieren können.

Vor allem nachdem philologische Experten der bayrischen Akademie der Wissenschaften 1829 positiv über sie geurteilt hatten, wurde Gabelbergers neue Schrift, mit deren Entwicklung und praktischer Erprobung er zu diesem Zeitpunkt schön seit über zehn Jahren beschäftigt war, von der bayrischen Regierung gefördert. In Anbindung an ein „Stenographenbüro“ der bayrischen Ständeversammlung sollte Gabelsberger sie einerseits weiterentwickeln und andererseits an ihrer Verbreitung mitwirken. Stenografen, speziell solche, die im Parlament tätig waren, wurden von ihm selbst und mittels seiner systematisch einführenden und didaktischen Schriften in der Kurzschrift unterrichtet. Gabelsbergers Innovation war dabei auch Teil politischer Entwicklungen sowie der weiteren Ausbildung einer stenografischen Profession, die neben der Parlamentsstenografie auch in Gerichten und in wirtschaftlichen Kontexten Tätigkeitsfelder fand. Die Gabelsbergersche Kurzschrift wurde bald nicht nur in Deutschland und Österreich gebraucht, sondern in ihrer Systematik auch in diversen anderen europäischen Sprachen adaptiert. Neben der wegweisenden Kurzschrift Franz Xaver Gabelsbergers gingen 1924 vor allem Elemente der von Wilhelm Stolze und Ferdinand Schrey entwickelten und bis dahin im stenografischen Gebrauch konkurrierenden Kurzschriften in eine einheitliche und offizielle deutsche Kurzschrift ein.


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Authored by: Marius Prill

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